Mittwoch, 23. November 2005

Merkel ist Kanzlerin

Ein Kommentar

In wenigen Stunden ist der erste wirkliche Arbeitstag als Kanzlerin für Angela Merkel um. Heute standen die ersten Antrittsbesuche in Paris und Brüssel auf dem Plan. Aber ich möchte in meinem Kommentar nochmal auf die Kanzlerinwahl zurückschauen.

Gestern erhielt Merkel nur 397 Stimmen aus der eigenen Koalition, die 448 Abgeordnete umfasst. Als ein Spitzenergebnis würde ich das nicht bezeichen, auch wenn z.B. der SPD Generalsekretär das Ergebnis als sehr gut bezeichnet.

Es sind immerhin 50 Stimmen, aus den eigenen Reihen, die Merkel zu einem wirklichen Spitzenergebnis gefehlt haben und wenn man mal bei den Abgeordneten nachfragt, geben einige Abgeordnete aus NRW, dem größten Landesverband der SPD, offen zu, dass sie gegen Merkel gestimmt haben. Die Gründe könnten vielfältig sein, vom schlechten Ergebnis Thierses bei seiner Wahl zum Bundestagsvize bis hin zum Ergebnis der Koalitionsverhandlungen.

Die Oppositionsparteien, vorallem die Linkspartei, sieht in dem Votum ein instabiles Bündnis, aber es war von Anfang an abzusehen, dass nicht alle aus der Koalition für Merkel stimmen werden. Sicherlich wäre es ein Vertrauensbeweis für Merkel gewesen, aber ein 100 %-Votum aus den eigenen Reihen war nicht notwendig. Auch während der Legislaturperiode könnte sich Merkel einige Abweichler in den eigenen Reihen leisten, ohne dass dadurch die Koalition ernsthaft in Gefahr wäre.

Allerdings wäre ein Bruch der Koalition in den nächsten Jahren nicht ausgeschlossen, vorallem bei den zentralen Fragen wie Gesundheit, Atomausstieg und beim Abbau der Arbeitslosigkeit liegt noch ernormes Konfliktpotential. Die SPD wird sicherlich nicht jedes Übel schlucken, nur um die Koalition zu retten.

Für die meisten Leuten, innerhalb der Koalitionsparteien, ist und bleibt die Koalition nur eine Notlösung bis zu den nächsten Bundestagswahlen in vier Jahren und beide Parteien werden versuchen sich in eine gute Ausgangsposition zu bringen, wenn die Bürger in vier Jahren wieder an die Wahlurnen gerufen werden, um den 17ten Deutschen Bundestag zu wählen.

Aber bis dahin liegt noch ein langer Weg vor den beiden Volksparteien und sie werden sich jeweils an der Arbeit der großen Koalition messen lassen müssen - besonders an der Zahl der Arbeitslose. Man erwartet viel von Merkel und ihrer Koalition und sie will sich auch an der Zahl der Arbeitslosen messen lassen, lässt allerdings die Zahl offen und macht nicht den gleichen Fehler wie ihre Vorgänger Kohl oder Schröder. Beide wollten die Zahlen senken, und setzen sich mit einer klaren Zielvorgabe selbst unter Druck und scheiterten letzendlich kläglich daran.

Merkel ist nun dort wo sie immer hin wollte, in die Machtzentrale Deutschlands - Das Kanzleramt. Nur hat sie diese Macht teuer erkauft und es wird sich erst in den nächsten Monaten bzw. Jahren zeigen, ob sich dient gelohnt hat oder nicht.

Ich wünsche Frau Merkel viel Glück bei ihrer Arbeit, denn sie wird es nicht leicht haben.

Donnerstag, 10. November 2005

Mein Leserbrief

Zu „2.000 Unterschriften fürs Märchenmuseum“ - NW vom 08.11.05

Ich war mal wieder fleißig und hab einen Leserbrief zum einem aktuellen Thema aus unserer Stadtgeschrieben, mal schauen ob der in meiner Tageszeitung abgedruckt wird:

Es war einmal…, so fangen fast alle Märchen an, so auch unser Märchen. Es war einmal, ein Märchenmuseum in Bad Oeynhausen und kaum einer interessierte sich dafür.

2.000 Unterschriften sollen angeblich gesammelt worden sein, eine schöne Zahl, für den Erhalt des Märchenmuseums an seinen bisherigen Standort. Nur frage ich mich, ob die Leute überhaupt wissen, für was sie dort unterschrieben haben. Ich glaube nicht bzw. die Leute waren noch nie im Märchenmuseum. Nachdem es die Gedankenspiele über eine Verlegung des Märchenmuseums gab, habe ich mich mal selbst auf den Weg dorthin gemacht und wollte mir selbst ein Bild vom Märchenmuseum machen.

Bis zu meinem Besuch, vor einigen Tagen, war ich noch nie im Märchenmuseum und ich habe mir, während des Besuches, die Frage gestellt, ob wir das Märchenmuseum wirklich brauchen und die Frage lässt sich mit einem klaren „Nein“ beantworten. Was dort präsentiert wird, ist nicht mal interessant und kostet der Stadt unnötig Geld.

Ein Erhalt des Märchenmuseums auf dem Museumshof halte ich für eine gute Alternative und vor allem wird damit auch die Immobilie, in dem das Märchenmuseum bisher angesiedelt ist, für andere Verwendungsmöglichkeiten frei, z.B. für eine Vermietung und dies bringt auch wieder Einnahmen für die Stadtkasse, den Ausgaben haben wir schon genug.

Monatelang befand sich das Märchenmuseum in einem Dornröschenschlaf und erst jetzt, wenn es ernst wird, werden Aktionen, wie z.B. der Märchenzug an den Start gebracht, aber sonst war von den Leuten des Märchenmuseums kaum etwas zu hören.

Und wenn der „Förderverein des Märchenmuseums“ den bisherigen Standort in der Nähe des Kurparks erhalten möchte, dann soll er kräftig Spendengelder sammeln, um das Märchenmuseum in Eigenregie betreiben zu können. Und ich glaube, dass dies dem Förderverein nicht gelingen wird, weil sich kaum jemand wirklich für dieses „Märchenerbe“ interessiert.

Es war einmal ein Märchenmuseum… und kaum einer interessierte sich dafür!

Dienstag, 1. November 2005

Das Tollhaus in Berlin

Stoiber will net, Nahles überlegt noch

Nach der Wahl von Andrea Nahles zur designierten Generalsekretärin und der Rücktrittsankündigung von Franz Müntefering vom Parteivorsitz wurde eine Kettenreaktion ausgelöst.

Bereits gestern gab es Andeutungen, dass Edmund Stoiber nicht als Wirtschaftsminister nach Berlin gehen wird, nachdem Franz Müntefering nicht mehr als SPD-Parteivorsitzender kandidieren wird und vor wenigen Minuten wurde bestätigt, dass Edmund Stoiber Ministerpräsident in Bayern bleibt. Als Gründe werden die Entscheidung von Franz Müntefering, die Nachfolgediskussion in Bayern und die die gescheiterte Ressortsverschiebung genannt. Als Nachfolger ist der CSU-Landesgruppenchef Michael Glos im Gespräch.

Auch in der SPD geht es weiter rund, der konservative “Seeheimer Kreis” forderte Andrea Nahles auf, von all ihren Ämtern zurückzutreten und auf die Kandidatur zur Generalsekretärin zu verzichten. Mittlerweile gibt es Meldungen, dass Andrea Nahles noch am überlegen ist, ob sie nun kandidiert oder nicht. Beim der PV-Frage in der SPD kristallisieren sich zwei Namen heraus: Mathias Platzeck und Kurt Beck. Diese Frage soll am Mittwoch bei Sondersitzungen des SPD-Parteipräsidiums und des Vorstandes geklärt werden.

Kommentar

Langsam entwickelt sich Berlin zu einem Tollhaus. Da wird jemand zum Generalsekretär einer Partei ernannt und damit wurde eine Kettenreaktion ausgelöst - Parteivorsitzender futsch und beim politischen Partner gibt es auch ein Stühlerücken. Niemand in der SPD wird mit so einer Reaktion gerechnet haben, auch wenn der eher konservative “Seeheimer Kreis” in dem Votum ein Falschspiel der Parteilinken sieht und Nahles zum Kandidaturverzicht aufruft. Deutschland braucht eine starke Regierung mit starken Regierungsparteien und keinen Kindergarten, wie es ihn derzeit in Berlin gibt. In der Haut von Angela Merkel möchte ich nicht stecken, denn nachdem Stoiber angekündigt hat in München zu bleiben, wird es wohl immer wieder Schüsse von der Isar in Richtung Spree geben - Wenn es dem Herrn Stoiber nicht gefällt, was da in Berlin gemacht wird.

Auch wenn viele die “Große Koalition” in Gefahr sehen, glaube ich dennoch, dass die Koalition stehen wird. Denn es gibt derzeit keinen Koalitionskrach, sondern nur Krach innerhalb der möglichen Koalitionspartner. Problematisch könnten nur noch die Parteitage der Koalitionspartner werden. Besonders bei der SPD, wo ein Kanzler und ein Parteivorsitzender auf Abruf, den Deligierten des Parteitages die Verhandlungsergebnisse verkaufen und damit ein klares Votum für den Koalitionsvertrag erreichen müssen.

Die SPD-Krise vor der Lösung?

Müntefering geht doch in die Regierung?

In der SPD scheint sich der Stum langsam zu legen. Vorallem die Ankündigung von Franz Müntefering nun doch als Minister in die Regierung Angela Merkel eintreten wird, wird für Erleichterung innerhalb der SPD gesorgt haben.

SPD-Vorstandsmitglied Kurt Beck sagte gegenüber Journalisten in Mainz, dass Franz Müntefering zugesagt habe, dass er als Minister und Vizekanzler in die Regierung geht und begrüßte diese Entscheidung Münteferings.

Auch in der Parteiführung der SPD könnte es eine Veränderung geben. Die bisherige stellv. Parteivorsitzende Heidemarie Wieczorek-Zeul will auf ihr Parteiamt verzichten und damit wird ein Stellverteterposten frei und dieser könnte Andrea Nahles zufallen. “Ich will diesem Generationswechsel nicht im Wege stehen”, sagte Wieczorek-Zeul am Dienstag in Berlin und kündigte an, auf dem SPD-Parteitag in knapp zwei Woche in Karlsruhe nicht wieder zu kandidieren.

Andrea Nahles wird, so der designierte Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee, nicht für das Amt des Generalsekretärs kandidieren. Andrea Nahles hatte schon angekündigt, die Kandidatur zu überlegen, wies allerdings Kritik vom Seeheimer Kreis und auch von einigen Parteilinken zurück.

Nahles wolle eine “gemeinsame Lösung für die Personaldiskussion” mit allen führenden Personen der SPD finden. Nahles versicherte, dass es vor der Abstimmung keine Absprachen gab.

Wenn schon vor der Abstimmung ein Rücktritt Münteferings absehbar gewesen wäre, “wäre es nicht dazu gekommen”, so Andrea Nahles gegenüber dem “Deutschlandfunk”. Müntefering habe auch in vorherigen Gesprächen mit ihr nicht zu erkennen geben, dass er das Votum über den nächsten Generalsekretär zur Vertrauensfrage über seine eigene Person machen werde. Sie lis allerdings noch offen, ob sie kandidiert oder nicht.

Die Müntefering-Nachfolge-Diskussion ist bereits im vollen Gang, am heutigen Abend wollen die möglichen Kandidaten für die Nachfolge Matthias Platzeck und Kurt Beck in Berlin zusammentreffen und das weitere Vorgehen beraten. Kurt Beck rechnet damit, dass “die SPD am Mittwoch wieder handlungsfähig” sei.

Kommentar

Es ist total verrückt, was da derzeit in Berlin los ist. Da tritt der Parteichef zum 14. November zurück, weil er eine Abstimmung in der Partei verliert, die Gewinnerin der Abstimmung deutet an nicht mehr für das Amt nicht zu kandidieren. Nach der Ankündigung des Rückzugs von Münteferings, kündigt der designierte Wirtschaftsminister Stoiber an, nun doch nicht mehr nach Berlin gehen zu wollen und begründet dies mit dem Rückzugs Münteferings. Nun tritt Müntefering wohl doch ins die Regierung ein und damit wäre der Status fast wieder hergestellt, wie er vor der Abstimmung in der SPD war.

Und jetzt fangen wir mal an zu spekulieren: Müntefering tritt ins Kabinett ein, Nahles verzichtet auf das Amt des Generalsekretärs und wird stellv. Parteivorsitzende, dafür übernimmt Münteferings Wunschkandidat Wasserhövel das Amt und dieser Streit in der SPD hätte nur einen Verlierer - Das wäre Edmund Stoiber.

Brief von Münte

Liebe Genossinnen und Genossen,

ich habe gestern dem Parteivorstand mitgeteilt, dass ich auf unserem Parteitag in zwei Wochen nicht wieder für das Amt des Parteivorsitzenden kandidieren werde. Ich will euch in diesen Zeilen kurz einige Erläuterungen dazu geben.

Wir haben im Präsidium der SPD und auch in der gestrigen Sitzung des Parteivorstandes eine Diskussion darüber geführt, was die angestrebte Große Koalition für uns als Partei bedeutet. Ihr wisst, ich habe mich entschlossen, in solch einer möglichen Koalition das Amt des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung und damit verbunden die Vizekanzlerschaft anzustreben. Ich wollte der Vorsitzende dieser Partei und der Vizekanzler dieser Regierung sein, und mein Eindruck war, dass diejenigen, die mir zum Gang in die Regierung rieten, dies auch wollten.

Gleichzeitig Partei zu sein und zu regieren, ist nie leicht. In einer Großen Koalition schon gar nicht. Wir wollen diese Koalition – so wie das Wahlergebnis nun einmal ist – und wir wollen, dass sie erfolgreich ist. Darauf müssen wir uns als SPD einstellen. Deshalb habe ich eine besondere Arbeitsweise der engeren Parteiführung vorgeschlagen, und außerdem Kajo Wasserhövel als Generalseketär.

Die Spannung, die sich unvermeidlich aus der Arbeit in der Regierung und der gleichzeitigen Aufgabe an der Spitze der SPD ergibt, ist mir voll bewusst. Ich habe meine Vorschläge im Interesse der Handlungsfähigkeit des Vorsitzenden und im Interesse der Partei gemacht und habe wiederholt klar gestellt, wie ernst ich dies meine. Natürlich kann man auch alles anders sehen, aber dann musste das für mich persönlich Folgerungen haben. So ist es nun gekommen. Im Vorstand hat es mit 14 zu 23 eine klare Entscheidung gegen meinen Vorschlag für das Amt des Generalsekretärs gegeben.

Das akzeptiere ich natürlich, aber ich ziehe auch die nötigen Konsequenzen daraus. Und ich bin sicher, sie sind auch im dauerhaften Interesse der Partei. Wir haben für morgen, Mittwoch, 2. November, Präsidium und Parteivorstand eingeladen. Ich hoffe, wir können zu guten Vorschlägen an den Parteitag kommen. Ich führe die Koalitionsverhandlungen an der Spitze weiter, mit aller Energie und mit em Ziel, eine Koalition möglich zu machen, die glaubwürdig und überzeugend das Land erneuert und soziale Gerechtigkeit sichert.

Eine solche Koalition wird keine leichte Sache sein, nicht dem Inhalt nach und nicht der Form nach. Insbesondere ist aber die Lösung der objektiven Probleme, vor denen unser Land steht, keine leichte Sache. Wir müssen mit Augenmaß und Verantwortung unseren Teil zur Bewältigung dieser Aufgaben beitragen. Jetzt ist es das Ziel, bis zum 12. November zu einem Verhandlungsergebnis zu kommen und dem Parteitag das Ergebnis am 14.11. zur Beratung und Entscheidung vorzulegen.

Genossinnen und Genossen, die Verjüngung der SPD an der Spitze geht nun etwas früher voran, als ich gedacht hatte. Ich will helfen, dass das gelingt. In der Regierung, wenn sie zustande kommt, und in freundschaftlicher Verbundenheit mit denen, die zukünftig die SPD führen. Stürmische Zeiten – gar keine Frage. Aber eine kräftige Brise kann den Kopf frei machen und für klare Gedanken sorgen. Das wünsche ich uns jetzt, weil wir es brauchen. Und weil die sozialdemokratische Idee unverzichtbar ist für eine gute Zukunft unseres Landes.

Ich bedanke mich für viele engagierte Botschaften, die mich in diesen Stunden erreichen.

Mit herzlichen Grüßen
Glück auf!
Franz Müntefering